Interview mit Sven Köhler

Früher Amateur, heute Profi: Sven Köhler

Sven Köhler Fußballer

Q #1: Wie geht´s dir? Freust du dich auf die Pause und die nächste Saison?

Mir geht es sehr gut. Ich wurde zwar letzte Woche am Daumen operiert, aber dem geht es mittlerweile wieder ganz gut. Ich freue mich auf die Pause, es war eine lange Saison. Jetzt erstmal drei, vier Wochen abschalten und dann geht es auch schon wieder los. Ich freue mich auf die neue Saison und habe schon richtig Bock Fußball zu spielen.

Q #2: Wird es sportliche Veränderungen geben? Vereinswechsel etc.?

Ja, ich werde zwangsläufig wechseln. Ich bin gerade an den SC Verl ausgeliehen und werde im Sommer erstmal nach Osnabrück zurückkehren, weil ich da für beide Ligen einen Vertrag habe. Osnabrück wird in der kommenden Saison in der 3. Liga an den Start gehen.

Q #3: Wie hat sich das Leihgeschäft für dich angefühlt? Positiv oder negativ?

Das Leihgeschäft hat sich sehr gut angefühlt. Es war auch mal eine Erfahrung mitten in einer Saison in eine Mannschaft zu kommen, die schon eingespielt war, die sich schon kannte und sich dann da zurecht zu finden, war schon eine Erfahrung und ein Kraftakt. Ich habe mich aber durchgesetzt, habe viel Spielzeit bekommen, konnte mich entwickeln und den Spaß am Fußball wiederfinden, den ich ein bisschen verloren hatte, weil ich in Osnabrück nicht spielte.

Sven Köhler

Q #4: Kennst du Jungs aus deiner gemeinsamen Zeit, die den Sprung in den Profibereich nicht geschafft haben, obwohl sie enormes Potential hatten?

Ja, ich kenne sehr viele mit denen ich früher in der Jugend zusammengespielt habe. Die waren in der Jugend sehr gut, Nationalspieler und so weiter, die haben den Sprung aber aus unterschiedlichen Gründen nicht geschafft. Manchmal hat es ein bisschen mit Glück zu tun, mit mentaler Stärke in den entscheidenden Momenten, im entscheidenden Jahr oder im entscheidenden Spiel seine Leistung zu bringen und gesehen zu werden. Vom Talent her hätten es wahrscheinlich auch viele andere geschafft, aber der Kopf spielt da auch die entscheidende Rolle und da habe ich sehr, sehr viele gesehen, die es nicht geschafft haben. Gerade auch in der Schalker U19 Mannschaft, wo wir Meister wurden, da gab es viele, die es zumindest in die 3. Liga geschafft haben und auch einige, die es nicht geschafft haben, zum Beispiel Paul Stieber. Der war damals Stammspieler bei uns und der war wirklich ein richtig guter Spieler, hat richtig Spaß gemacht mit ihm zu spielen. Da hätte ich schon gedacht, dass der das auch schafft.

Q #5: Woran kann das gelegen haben? Fehlt hier evtl. die Möglichkeit, sich selbst zu präsentieren?

Das kann man schwer erklären, warum die es nicht geschafft haben. Es hat so viele Faktoren: Glück, Verletzungspech in den entscheidenden Momenten und wie man mit einer schlechten Saison umgeht. Komme ich besser wieder oder lasse ich mich davon unterkriegen. Ich denke, die Plattform sich zu zeigen hat jeder, um aus seiner Karriere was zu machen. Ich glaube, ich bin da ein top Beispiel. Ich habe selbst in der Oberliga bei Lippstadt gespielt und da haben wir in Hassel vor 60 Leuten gespielt. Da wird keiner zugeschaut haben, der für die 2. Liga scoutet. Aber ich habe es geschafft mit der Mannschaft aufzusteigen und konnte somit ein bisschen mehr ins Schaufenster in der Regionalliga, wo schon wieder mehr zugeguckt haben und dann musstest du natürlich so positiv auffallen, dass du für die 2. oder 3. Liga infrage kommst. Das ist mir zum Glück gelungen. Ich glaube, dass da der Kopf eine große Rolle spielt, weil ich auch eine unfassbar schwere Zeit hatte: Ich bin bei Schalke sozusagen rausgeflogen und in die Oberliga gewechselt, also eigentlich war da meine Karriere schon zu 99,9 Prozent nicht mehr für den Profifußball bestimmt.

Ich denke, die Plattform sich zu zeigen hat jeder, um aus seiner Karriere was zu machen.

Q #6: Du warst selbst Amateurfußballer. Was ist dir am meisten in Erinnerung geblieben?

Wir haben es bei Lippstadt schon relativ professionell gemacht, aber wir haben trotzdem alle noch eine Ausbildung gemacht, haben studiert, waren arbeiten, haben abends trainiert, das ist schon Amateurfußball. Das Spiel in Hassel vor 40, 50 Zuschauern in der Oberliga hatte schon ein bisschen was von Kreisliga, weil da auch ein Zehner gespielt hat, der gefühlt 20, 30 Kilo zu viel hatte. Dann hast du gegen solche Spieler gespielt und zum Ende der Saison in der Oberliga haben wir jedes Spiel gewonnen und wirklich Mittwoch, Sonntag, Mittwoch, Sonntag gespielt.

Q #7: Wieso ist der Amateurfußball so wichtig und wirst du deine Karriere im Amateurfußball ausklingen lassen?

Ich glaube Amateurfußball ist wichtig, weil er einfach die Basis vom Fußball ist. Man muss sich einfach mal vorstellen, wie viele Leute Fußball spielen. Es ist dann auch klar, dass es dann in der Spitze enger wird, dass da nach oben viel abfällt, viele den Sprung nicht schaffen und trotzdem den Fußball lieben. Es spielt ja nicht jeder Fußball nur um Profi zu werden oder um viel Geld zu verdienen, sondern aus Spaß am Fußball. Durch den Amateurfußball kriegt halt jeder die Möglichkeit, auf seinem Niveau Fußball zu spielen. Manche schaffen Oberliga, manche spielen Bezirksliga, auch wenn sie höher spielen könnten, aber den Aufwand dafür nicht mehr fahren wollen. Manche geben alles und könnten vom Niveau her eigentlich nur Landesliga spielen, sind aber so motiviert, dass sie sich bis in die Oberliga hochkämpfen und für die ist das dann überragend. Da gibt es solche unterschiedlichen Ansichten. Auch ehemalige Profifußballspieler landen im Amateurfußball, weil sie mehr von Familie, Freunden und der beruflichen Perspektive haben wollen. Ich finde das so cool, dass im Amateurfußball so unterschiedliche Wege zusammenkommen. Ich gucke sehr oft Oberligaspiele, auch Bezirks- und Kreisligaspieler meiner Freunde. Das macht mir riesig Spaß, weil ich sehe, mit wie viel Bock die sonntags auf dem Platz stehen.

Q #8: Deine kurze Meinung zu dem Vorhaben von POACHER?

POACHER ist für mich eine top Sache. Ich fand das direkt überragend, weil das bringt einfach die Amateurfußballer und die Vereine zusammen. Die Vereine haben halt nur eine begrenzte Möglichkeit an Sichtungskreisen und haben nur einen gewissen Radius an Spielern auf dem Schirm. Da hilft POACHER natürlich extrem, weil es auch solche Fälle gibt, wie zum Beispiel ein Student aus Münster, der bei Hamm gespielt hat und jetzt nach Hamburg zieht, weil er dort seinen Master macht und durch POACHER findet der einen Verein und der Verein einen top Spieler. Woher soll der Verein auch wissen, dass so einer nach Hamburg zieht? Es ist für Spieler und Vereine eine Win-Win-Situation und ich glaube, dass das eine riesige Erleichterung für die Vereine ist. Ich halte es auch für unnötig, da mit Beratern zu hantieren, weil in dem Bereich könnten das die Vereine mit den Spielern auch selbst machen.

POACHER ist für mich eine top Sache (…) Es ist für Spieler und Vereine eine Win-Win-Situation und ich glaube, dass das eine riesige Erleichterung für die Vereine ist.

Q #9: Dein sportliches Idol?

Da gibt es viele. Ich habe da nicht einen Spieler, sondern mehrere Fähigkeiten von mehreren Spielern. Wenn es um Leadership und Coaching geht, denke ich an Henderson von Liverpool und an Puyol. Fußballerisch gibt es auf meiner Sechser-Position mega gute Spieler, wenn ich da an Kimmich und Kroos denke, an Wijnaldum, der so viel bei Liverpool läuft und für zweite Bälle da ist. Früher in der Jugend war Nuri Şahin bei Dortmund für mich ein Idol, der hat meine Jugend unfassbar geprägt.

Q #10: Eine Anekdote aus deiner Laufbahn, egal ob Amateurfußball, Jugend oder Profi?

Letztes Jahr bei Osnabrück zu Coronazeiten haben wir zwei getrennte Kabinen gehabt, eine für die Startelf und eine für die Leute, die auf der Bank saßen. Ich war leider in der Letzteren. Die Kabine war verschlossen und in der Mitte von der Kabine stand ein großer Tisch und ein Mitspieler, der auch auf der Bank saß, hat dann zum Warmmachen 10 Minuten vor dem Rausgehen einen unfassbaren Strip hingelegt und wir haben uns alle totgelacht. Der hat eine unfassbare Show abgezogen und das kurz vor dem Spiel. Hätte das einer gesehen, dann hätte es riesigen Ärger gegeben. Im Spiel lagen wir 2:0 zurück und genau er kam dann rein und machte zwei Tore.

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